Bildungs­konferenz Lausitz 2023

Begrüßung

Ein Tag im Zeichen der Bildung: Am 12. September 2023 lenkte das Team des Netzwerkbüros Bildung in der Lausitz den Fokus einmal mehr auf den Stellenwert der Bildung im Rahmen des Lausitzer Strukturwandels. Mehr als 100 regionale Bildungsakteure aus der brandenburgischen sowie sächsischen Lausitz sind der Einladung nach Cottbus zur ersten länderübergreifenden Bildungskonferenz gefolgt. Unter der Überschrift „Kooperationen für Bildung im Lausitzer Strukturwandel“ konnten sich die Teilnehmenden auf ein abwechslungsreich gestaltetes Programm mit Impulsen, Ideen und vielen (interaktiven) Möglichkeiten für den gemeinsamen Austausch freuen.

Grußwort

Den Auftakt gab Dr. Thomas Greiner. Als Ministerialdirigent der Unterabteilung 33 „Lebensbegleitendes Lernen“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung brach er gleich zu Beginn eine Lanze für die Bildung als eine tragende Stellschraube für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen im Allgemeinen und im Besonderen im Rahmen des Strukturwandels in der Lausitz. Denn: „Bildung sichert Zukunft und ist kein Nischenthema“. Er betonte, dass attraktive Bildungslandschaften essenziell sind für die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen und damit einen Ankerpunkt für alle darstellen. Damit die Lausitz ein Hafen bleibt und gleichzeitig Anlaufstelle beispielsweise für (Nachwuchs-)Fachkräfte wird, müssen die regionalen Akteurinnen und Akteure ihre Blickwinkel erweitern, miteinander ins Gespräch kommen und zusammen an einem Strang ziehen. Herr Dr. Greiner wurde nicht müde, das bereits erbrachte Engagement aller Beteiligten zu würdigen und ermutigte zum Weitermachen – auch im Hinblick auf die Arbeit des Netzwerkbüros Bildung in der Lausitz, die eine wichtige ist, die Menschen in den Austausch bringt und dazu beiträgt, das Thema Bildung kontinuierlich in die Region zu tragen.

Eingetaucht – Impuls I

Wie motivierend dabei ein positiver Blick auf das bereits Geschaffte ist, brachte Daniel Werchosch unermüdlich bei seinem Impulsvortrag nicht nur in die Augen und Ohren, sondern auch in die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer. Der stellvertretende Projektleiter und Mitarbeiter im Bereich Bildungsmonitoring im Netzwerkbüro Bildung in der Lausitz plädierte für ein neues, zeitgemäßes Narrativ der Lausitz – weg von der ehemals abgehängten Gegend, hin zur Chancenregion. Durch den Strukturwandel und die damit verbundenen Förderungen und Aufmerksamkeiten liegen der Lausitz bundesweit einmalige Chancen zu Füßen. Und die gezeigten Zahlen sprechen für sich: Im Vergleich von 2002 zu 2022 ist die Zahl der Arbeitslosen in der Region um 76 Prozent zurückgegangen, das BIP in den vergangenen zwei Jahrzehnten dabei um 62 Prozent angestiegen und die Lausitzer Kreise verzeichnen mittlerweile mehr Zu- als Wegzüge. Die herausfordernden Hürden, wie beispielsweise die Fachkräftesicherung, welche auch als ein dezidiertes Bildungsthema betrachtet werden muss, kann die Lausitz stemmen – und sie wird dabei gemeinsam mehr bewegen. In seinem Abschluss entlässt der gebürtige Lausitzer das Publikum mit den Worten „Die Lausitz kann (und will) Kooperation“ und stimmt damit heiter auch auf das nachmittägliche Programm der vier parallelen Fachforen ein.

Eingetaucht – Impuls II

Einen Einblick seitens der Forschung auf den Wirkungsgrad multiperspektivischer Zusammenarbeit im Bildungsbereich gab im Anschluss Dr. Anika Duveneck. Die Wissenschaftlerin ist an der Freien Universität Berlin im Fachbereich der Erziehungswissenschaft und Psychologie tätig. Auf Basis von Kenntnissen aus der Forschung zu kommunalen Bildungslandschaften zeichnete sie mit ihren konstruktiven Erläuterungen nach und nach das Bild von Pionierarbeit, welche die Akteurinnen und Akteure für und im Bereich der Bildung leisten: „Die Organisation des Bildungssystems in getrennten Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Bildungsbereichen wie auch zwischen Ländern und Kommune ist im Grunde nicht für übergreifende Kooperationen und damit die Öffnung nach Außen ausgelegt. Zusammenarbeit findet demnach unter sogenannten ‘Ungunstbedingungen‘ statt.“ Umso wichtiger ist demnach, diese Grundlagenarbeit zu bewerten, die in Kooperationen stattfindet: Sie ist die Voraussetzung, um strukturelle Unkenntnis voneinander und untereinander aufzubrechen und stellt die Weichen für zukunftsfähige Bildungslandschaften. „Kooperationen erfordern großes Überblickswissen zur Bildungslandschaft sowie eigene Kompetenzen zur Gestaltung von Zusammenarbeit unter den gegebenen Bedingungen und das Verständnis zu den jeweiligen Berufsalltagen der beteiligten Akteure – ohne die Pioniere und Pionierinnen, die diese Grundlagen schaffen, geht es nicht.“

Ausgetauscht – Gesprächsrunde nach der Fishbowl-Methode

Wie gelingt es, Großgruppen gemeinsam zu einem Thema in den konstruktiven Austausch zu bringen? Unser geschätzter kobra.net-Kollege Malte Detlefsen, der bei der Bildungskonferenz auch als Moderator durch den Tag führte, ist im Rahmen seiner Tätigkeit als Prozessbegleiter im kobra.net-Institut für Beratung und Begleitung mit solchen Situationen bestens vertraut: Der Austausch startete mit einem inneren Kreis (Fishbowl) und anfänglich drei gesetzten Gesprächspartnern. In der Runde blieb ein Platz frei, der Interessentinnen und Interessenten aus dem Publikum dazu einlud, sich einzubringen und am Gespräch zu beteiligen. Gäste waren Sandra Langhof-Siewert (Referentin der Staatskanzlei des Landes Brandenburg im Büro des Lausitzbeauftragen in Cottbus), Laura Staudacher (Vorsitzende des Junge Lausitz e. V.) und Frank Büchner (Verbundmanager beim Qualifizierungsverbund in der Lausitz für Erneuerbare Energien ‘QLEE‘). Später bereicherten Tim Berndt (Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative Lausitz e. V. ‘WiL‘) und Susann Troppa (Projektleiterin ‘UNESCO 5‘ Lausitzer UNESCO-Stätten) die Runde und tauschten sich gemeinsam zu den Chancen einer länderübergreifenden Zusammenarbeit in der Lausitz für Bildung und Fachkräftesicherung aus.

Forum I – Passgenaue moderne berufliche Orientierung gemeinsam gestalten

Mit der Hilfe von drei erdachten Personas, welche exemplarisch für junge Lausitzerinnen und Lausitzer im Prozess der beruflichen Orientierung stehen sollten, tauschten sich die Teilnehmenden über Möglichkeiten und Fallstricke in der beruflichen Orientierung aus. Forenleiterin Gabriela Röber, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Brandenburg, lud dazu ein, während der Gruppenarbeit jeweils zwei Perspektiven einzunehmen: Zum einen die jeweils eigene, welche die Akteurinnen und Akteure im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit einnehmen, zum anderen die Perspektive, die sich auf die Lebensrealität eines jungen Menschen im Prozess der beruflichen Orientierung bezieht. Letzteres fiel erkennbar schwer und steht exemplarisch für die Herausforderung vieler Akteure im Begleitprozess der beruflichen Orientierung: Wie gestalte ich Angebote zur beruflichen Orientierung so, dass sie passgenau und gleichzeitig zeitgemäß sind? Und mit welchen Strategien gelingt das Anknüpfen an die junge Zielgruppe? Ein Teilnehmer-O-Ton aus dem Forum resümiert: „Die berufliche Orientierung ist ein sich entwickelnder Vertrauensprozess, der individuell begleitet werden muss und Zeit braucht.“

Forum II – Transformation durch Weiterbildung

Ein Forum, das mit dem Schwerpunkt der beruflichen Weiterbildung den Teilnehmenden eine Plattform für viel Gesprächsbedarf bot und auf reges Interesse stieß. Kurz nach der Begrüßung durch Laura Tillack, der wissenschaftlichen Mitarbeiterin im Bereich Netzwerkmanagement im Netzwerkbüro Bildung in der Lausitz, stieg die Gruppe engagiert in den Austausch ein, der sich in drei Kernpunkte gliederte: Wer muss Initiator von Weiterbildung sein, wer kann die vielfältigen Angebote bedarfsorientiert aufarbeiten und wie gelingt das passgenaue Adressieren an die Zielgruppe? Die regionale Wirtschaft wurde hier als wichtiger Anknüpfungspunkt gesehen, die Trends und Bedarfe formulieren kann, welche im Anschluss von Bildungsanbietern aufgegriffen und gebündelt werden müssen. Eine knifflige Aufgabe, wie von einer Teilnehmerin zusammengefasst: „Unsere Ziele sind durchaus ähnlich. Die damit verbundenen Herausforderungen allerdings sind jeweils stark differenziert.“

Forum III – Bildungskooperationen: Wie gestalte ich Netzwerkarbeit gewinnbringend?

In diesem Forum lag der inhaltliche Fokus auf der Reflexion der eigenen Netzwerkarbeit. „Reflexion ist für die Weiterentwicklung der eigenen Netzwerkarbeit von zentraler Bedeutung.“, fasste es Forenleiter Dr. Julian von Oppen treffend zusammen. Als Erziehungswissenschaftler und Leiter der Landeskooperationsstelle Schule – Jugendhilfe Brandenburg bei der kobra.net gGmbH beschäftigt er sich alltäglich mit den Themen Reflexion und kooperative Arbeit. Der dynamische Austausch sollte den teilnehmenden Akteuren verdeutlichen, welche Ziele Netzwerke haben (sollten), welche individuellen Rollenverteilungen Netzwerke voranbringen und welchen Nutzen die Beteiligten daraus ziehen können. Erkenntnisse waren unter anderem: Ziele von Netzwerken müssen nicht unbedingt stabil sein, sondern eher flexibel, anpassbar und ergebnisorientiert. In Netzwerken muss es ausgewogene Tauschbeziehungen geben. Heißt: Ich gebe etwas ins Netzwerk hinein (eine Information z. B.) und bekomme auch etwas zurück (vielleicht einen Kontakt). In Netzwerken müssen sich Kontinuität und Wechsel die Waage halten: Es braucht einen festen Kern, aber auch immer wieder neue Menschen, die Ideen und Impulse einbringen und aufgreifen. In diesem Sinne kann eine zu hohe Fluktuation ebenso „innovationsfeindlich“ sein wie zu viel Stabilität.

Forum IV – Bildung als Standortfaktor für Verbleib & Zuzug

Was bewegt junge Menschen in der Lausitz und was brauchen sie, um in der Heimat eine Zukunftsperspektive zu entwickeln? In einer Talkrunde gaben Laura Staudacher, Elisabeth Helm und Marian Lachmund den teilnehmenden Akteuren sowie Dorina Benack, der Projektleiterin des Netzwerkbüros Bildung in der Lausitz und Federführenden dieses Forums, einen Einblick in ihre Lebensrealitäten in der Lausitz. Schnell wurde deutlich: Für junge Menschen dient die Möglichkeit zur Beteiligung an Entwicklungs- und Gestaltungsprozessen in ihrer Heimatregion auch als ein Ankerpunkt für den Verbleib. Die eigene Region mitgestalten zu können, bildet eine wichtige Grundlage. „Aber wenn nur geredet wird und keine ‚Machtabgabe‘ durch die ältere Generation in solchen Gestaltungsräumen an junge Menschen passiert, verpuffen Angebote, werden nicht wahrgenommen, Frust kommt auf“, berichten die Drei. Deutlich wurde: Es lohnt sich, hier genau hinzuhören, eigene Haltungen zu hinterfragen und Verantwortung an junge Menschen zu übertragen.

Abschluss

Die Bildungskonferenz Lausitz bleibt den Teilnehmenden sicher als kommunikativer und impulsreicher Tag in Erinnerung. Wir freuen uns, dass so viele Akteure aus der brandenburgischen und sächsischen Lausitz unserer Einladung gefolgt sind. Sie sollte unseren Gästen als Plattform dienen, um für die alltägliche Arbeit im Bereich der Bildung (im Lausitzer Strukturwandel) neu und/oder enger zusammenzurücken, damit Prozesse weiter vorangetrieben werden. Wir wünschen gutes Gelingen bei dieser wichtigen Pionierarbeit.

Ein großer Dank geht an unsere Kolleginnen und Kollegen von der kobra.net gGmbH sowie vom kobra.net-Institut, die uns mit ihrer Expertise und jahrelangen Erfahrung im Bereich der Bildung tatkräftig bei der Umsetzung und bei der Moderation an diesem Tag unterstützt haben – auch wir leben aktiv „Kooperationen für Bildung im Lausitzer Strukturwandel“.

© Bildnachweis: Netzwerkbüro Bildung in der Lausitz, Fotografin Katrin Penschke